Lilli: „Ich bekomme immer Gänsehaut“

Einige Hunderte jubelten der Silber Medaillen-Gewinnerin von London, Lilli Schwarzkopf in Neuwied auf dem Luisenplatz beim Olympia-Empfang entgegen. Der sympathischen Athletin der LG Rhein-Wied war auch gut zwei Wochen nach ihrem überraschenden Olympia-Erfolg im Siebenkampf noch immer die Freude und Überraschung über den Gewinn der Medaille anzusehen. „Wenn ich die Bilder sehe, bekomme ich immer wieder Gänsehaut.“
Julia Walderich beim Hochsprung in Wesel (Foto: <a href="http://www.leichtathletik-foto.de/" target="_blank">Wolfgang Birkenstock</a>).

Julia Walderich beim Hochsprung in Wesel (Foto: Wolfgang Birkenstock).

Stolz präsentiert Lilli Schwarzkopf ihre Silbermedaille beim Empfang in Neuwied gemeinsam mit LG-Präsident Erwin Rüddel (li) und Geschäftsführer Martin Schmitz (Foto: Engel).

Stolz präsentiert Lilli Schwarzkopf ihre Silbermedaille beim Empfang in Neuwied gemeinsam mit LG-Präsident Erwin Rüddel (li) und Geschäftsführer Martin Schmitz (Foto: Engel).

Es waren Sportbegeisterte, Bürgerinnen und Bürger, Ehrengäste, zahlreiche Journalisten und einige Klassen der David-Röntgen-Schule Neuwied gekommen, um die Silbermedaillen-Gewinnerin von London, Lilli Schwarzkopf gebührend zu empfangen. Trotz tropischer Temperaturen ließen sie es sich alle nicht nehmen, auszuharren, den Interviews zu lauschen und auf Autogramme und persönliche Fotos mit der Athletin zu warten.

Lilli Schwarzkopf ist in der Geschichte des Leichtathletik-Verbandes Rheinland die erste Sportlerin die es geschafft hat bei Olympia eine Silber-Medaille zu erzielen. Bereits im Jahr 1952 konnte Günther Steines mit der Deutschen 4x400-Meter-Staffel in Helsinki Bronze gewinnen. In München 1972 gelang in selber Disziplin bei den Frauen Anette Rückes (beide Rot-Weiß Koblenz), ebenfalls mit Bronze ins Rheinland zurück zu kehren. Das ein solcher Erfolg für einen Verband und seinen Präsident etwas ganz besonderes ist, ist verständlich.

Klaus Lotz, Präsident des Leichtathletik-Verbandes Rheinland: „Wir sind immer stolz, wenn sich Sportler aus unserem Verband für die Olympischen Spiele qualifizieren. Wenn dann bei einem Siebenkampf solch ein Weltklasse-Niveau geboten wird und unsere Athletin mit der Silbermedaille belohnt wird, freut man sich riesig. Schade war nur, das Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied/Zehnkampf) aufgrund seiner Erkrankung nicht auch nach London durfte. Seine Leistungsfähigkeit hat er mit der  Weltklasse-Leistung in Marburg unter Beweis gestellt.“ Doch bei aller Freude über den Medaillengewinn machte Klaus Lotz deutlich: „Der Verband wird sich jetzt verstärkt dafür einsetzen, dass mehr Betreuer für die Athleten in den Stadien zugelassen werden. Es kann nicht sein, dass eine Siebenkämpferin zwei Tage quasi ohne Betreuung ihre Disziplinen bei Olympia bestreiten muss und andere Athleten, die nur einen Wettkampf absolvieren, gleich mit einem ganzen Betreuer-Stab auflaufen können.“

Nicht müde trotzt der vielen Empfänge und Interviews, die die 28-jähirge in den letzten zwei Wochen gegeben hat, schildert sie ihre Gefühle und Erlebnisse im Olympiastadion immer wieder gerne. „Am zweiten Tag lag ich nach dem Speerwurf auf Platz fünf. Wenige Punkte Rückstand auf Platz drei, und ich glaube es waren 90 Punkte auf Platz zwei. Da fing das Rechnen an. Wie schnell muss ich laufen, wie weit darf die Russin vor mir liegen? Aber Rechnung hin - Rechnung her, wichtig war einfach nur: Durchhalten.“

Und das wissen wir mittlerweile alle - hat sie. „Als ich dann ins Ziel kam, dachte ich, ja, du hast es geschafft. Doch plötzlich war mein Name auf keiner Tafel mehr zu finden. Als ich nachfragte sagte man, sie sind wohl disqualifiziert worden, fragen sie mal dort nach. Ich dachte nur noch: Bitte, bitte nicht, jetzt war endlich mal wieder nach Jahren ein Wettkampf so gelaufen wie ich es mir gewünscht habe und dann so was. Ich dachte schon, ich Falle ins Bodenlose.“ Doch wie wir wissen hat sich alles zu Guten gewendet und nach langen Warten hat sie die ersehnte Silbermedaille bei der Siegerehrung endlich in Empfang nehmen können.

Neuwieds Oberbürgermeister Nikolaus Roth und Landrat Rainer Kaul zeigten sich sehr stolz, dass eine solche Ausnahmeathletin aus einem Verein aus Neuwied kommt. Sie sei ein Vorbild in der Region und man sollte ihr für ihre besonderen Leistungen Respekt zollen. „Mit stolz blicke ich auf diese Athletin“, so der Vorsitzender der LG Rhein-Wied, Erwin Rüddel. „Jetzt müssen wir uns gemeinsam dafür stark machen, dass wir unseren Leichtathletik-Hallenbau weiter vorantreiben und das wir es umsetzten können, Olympia-Stützpunkt für behinderte Sportler zu werden, um weitere Fördergelder zu erhalten.“

Eine ganz besondere Beziehung hat Lilli Schwarzkopf zu ihrem Wahl-Verein, der LG Rhein-Wied, und ihren „Machern“ in den letzten Jahren aufgebaut. „Die LG Rhein-Wied hat mich in der schwersten Zeit meines Lebens aufgenommen und wunderbar unterstützt. In meinem ersten Jahr hier für den Leichtathletik-Verband-Rheinland habe ich mir eine Auszeit genommen. Habe mein Studium vorangetrieben und meinem Körper endlich mal eine Auszeit gegönnt. Und die LG, mein Verein und der Verband haben es akzeptiert. Wie meine Familie und ich hier aufgenommen worden sind – das war einmalig und einfach wunderbar. Vielen Dank dafür.“

Auf die Frage des Moderators Stefan Freisberg: „In vier Jahren Olympia in Rio – können wir dann mit Gold rechnen?“ „Was in vier Jahren ist – weiß ich nicht nicht. Ich bin nicht mehr die jüngste und jetzt genieße ich erst einmal meine Silbermedaille – lasse alles sacken und treffe erst später meine Entscheidung wie es weiter gehen wird,“ so Schwarzkopf. Sprach es und machte sich anschließend auf den Weg nach Worms, wo der Landessportbund die Rheinland-Pfälzischen Olympioniken – unter ihnen auch die zweite LVR-Olympiastarterin Sabrina Mockenhaupt von der LG Sieg – empfangen hat.